Die Verbindung von Gelsenkirchen nach Wanne-Eickel war für das Gelsenkirchener Netz der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG strategisch wichtig. In Hüllen, Röhlinghausen und Bickern war der Bau weiterer Wohnsiedlungen absehbar. In Wanne sollte die Linie 3 nach dem Bau der dort 1907 bereits geplanten Eisenbahnüberführungen eine zweite Verbindung zum Bochumer Straßenbahnnetz herstellen.
1907, als Ferdinand Schöningh die Daten für seine Promotion über die Kleinbahnen des rheinisch-westfälischen Kohlereviers zusammenstellte, wurden auf der Linie 3 täglich 150 Fahrten angeboten. Nach Wattenscheider Linie, auf der täglich 180 Fahrten angeboten wurden, war das Platz 2.
Trotzdem blieb das Fahrgastaufkommen geringer als bei anderen Linien: Mit 1.666.807 Beförderungsfällen lag die „3“ im Gelsenkirchener Netz hinter den Verbindungen nach Wattenscheid, Buer (über Bismarck) und Steele auf Platz 4. An fünfter Stelle folgte die Verbindung über Heßler nach Horst, auf dem letzten Platz lag der „Inselbetrieb“ zwischen Steele und Rellinghausen.
Schöninghs Recherchen weisen auf ein weiteres Detail hin: Die meisten Monatskarten wurden 1907 auf der Linie 3 für kurze Distanzen verkauft: vom Gelsenkirchener Stadtzentrum für die Tarifstrecken, für die ein Einzelfahrschein 10 oder 15 Pfennig betrug. Das entsprach einer Entfernung von maximal 2,25 Kilometer (10 Pfennig) oder 3,3 Kilometer (15 Pfennig).
Schöningh hielt weiterhin fest, dass die Entfernung vom wirtschaftlichen Zentrum Gelsenkirchens zum Weichbild auf der Wanner Strecke bei lediglich einem Kilometer lag (verglichen mit 2,6 Kilometern auf der Strecke nach Bismarck und Buer).
Daraus lässt sich der Schluss ableiten, dass die Straßenbahnen auf der Linie 3 zwischen Hüllen und der Endstelle in Wanne-Eickel häufig nur mit wenigen Fahrgästen unterwegs waren. Die Frequenz unterlag allerdings im Tagesverlauf großen Schwankungen. Ein Grund dafür, dass den Triebwagen zu besonders verkehrsreichen Zeiten bis zu zwei Beiwagen mitgegeben werden mussten.
Eine solche Situation zeigt die als Beitragsbild verwendete Postkarte aus den frühen 1920er-Jahren (Verlag Gebrüder Moonen, Bocholt – Sammlung Ludwig Schönefeld). Zwei Straßenbahnzüge der Linie 3 kreuzen in der Ausweiche Bulmke zwischen der im Vordergrund rechts sichtbaren heutigen Hochofenstraße und dem im Hintergrund erkennbaren jüdischen Friedhof an der Oskarstraße. Der in Richtung Wanne fahrende Zug (rechts) führt den Beiwagen 315 mit. Er stammt aus einer zwischen 1895 und 1897 gebauten Großserie (Beiwagen 142 bis 155). Die Nummer 315 erhielt er 1912.
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