SCHNELLVERKEHR

Eine kurze, aber lange in Erinnerung gebliebene Episode des Nahverkehrs in Gelsenkirchen war der zum Fahrplanwechsel am 1. Juli 1950 eingeführte „Schnellverkehr“. Mit nur einem Halt an der evangelischen Kirche in Wattenscheid stellten die Solowagen des Schnellverkehrs eine Direktverbindung zwischen dem Gelsenkirchener Hauptbahnhof und dem Bahnhof Bochum-Süd her.

TRIEBWAGEN IN SONDERLACKIERUNG

Erste Versuche mit „Schnelltriebwagen“ sollen nach unbestätigten Quellen bereits 1944 mit den 1942 von der Waggonfabrik Credé gelieferten Triebwagen 550 bis 559 erfolgt sein.

Eines dieser leistungsstarken Fahrzeuge, der noch vor dem Krieg versuchsweise mit Klapptrittstufen ausgerüstete Triebwagen 555, wurde für den Einsatz im Schnellverkehr mit der Anfang der 1950er-Jahre eingeführten Omnibuslackierung in Dunkelgrün und Beige mit hellgrünem Zierstreifen ausgestattet. Die Klapptrittstufen wurden bei dieser Gelegenheit entfernt. 1951 erhielt der Triebwagen die neue Nummer 87.

Ab dem 19. Juni 1952 kam Triebwagen 8 hinzu, der von der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG in eigener Werkstatt auf einem Credé Reservefahrgestell neu gebaut worden war. Sein Aufbau entsprach dem sogenannten „Verbandstyp“.

10 PFENNIG ZUSCHLAG

Die Einführung der Schnellverkehrslinie wurde in der Fachwelt aufmerksam beachtet. Im Juli 1950 veröffentlichte die Zeitschrift Der Nahverkehr dazu den folgenden Artikel:

„Die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen haben am 1. Juli 1950 auf dem Streckenabschnitt Bochum-Rathaus – Gelsenkirchen Hbf. ihrer Straßenbahnlinie 2 an Werktagen einen Schnellverkehr eingerichtet, der in stündlicher Folge die genannte Strecke in 23 Minuten gegenüber der normalen Fahrzeit von 37 Minuten durchfährt. Das entspricht einer Reisegeschwindigkeit von 24,5 km/Std., welche angesichts dessen beachtenswert ist, daß sehr belebte enge Hauptstraßen in Wattenscheid und Gelsenkirchen zu durchfahren sind und an keiner Stelle ein eigener Bahnkörper vorhanden ist. Der Schnelltriebwagen, der jeweils vor dem planmäßigen Straßenbahnzug seine Abfahrtstelle verläßt und am Ziel den vorausgefahrenen Zug einholt, hat nur einen Zwischenhalt an der Kirche in Wattenscheid. Eine Überholung anderer Straßenbahnwagen findet nicht statt. Der Schnellwagen ist durch besondere rote Beschilderung kenntlich gemacht. Bei Benutzung dieses Schnellwagens ist zum normalen Straßenbahnfahrschein und auch auf Zeit- und Vergünstigungskarten ein Zuschlag von 10 Pfg. für Erwachsene und Kinder zu lösen. Am Hauptbahnhof Gelsenkirchen hat der Wagen jeweils Anschluß an die bereits bestehende Schnell-Omnibuslinie nach Gelsenkirchen-Buer.“

Im Oktober 1953 erhielt die Schnellverkehrslinie die Nummer 22. Diese Liniennummer hatte man bereits zwischen dem 1. Februar 1938 und dem 14. Mai 1939 für Verstärkerwagen der Linie 2 genutzt.

OMNIBUSLINIE 99

Am 7. Mai 1956 wurde die Linie 22 auf Omnibusse umgestellt. Als Linie 99 wurde der Schnellbusverkehr auf der Relation Gelsenkirchen Alter Markt – Wattenscheid Kirche – Bochum Rathaus (ab Oktober 1957 Bochum Hauptbahnhof) bis zum Fahrplanwechsel am 1. Mai 1966 beibehalten.

Die im Schnellverkehr eingesetzten Triebwagen 8 und 87 wurden nach der Einstellung wieder im üblichen Farbdesign der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG lackiert. So blieben sie bis zum November 1968 (Triebwagen 8) und bis zum November 1970 (Triebwagen 87) im Einsatz.

Das Beitragsbild zeigt Schnellverkehrs-Triebwagen 8 abfahrbereit am Gelsenkirchener Hauptbahnhof im Mai 1953. Auf dem nachfolgenden, 1951 aufgenommenen Foto sehen Sie Triebwagen 87 nach der Ankunft in Gelsenkirchen (Fotos Peter Boehm – Sammlung Axel Reuther).