KLEINBAHNGESETZ

Mehrmals versuchten Gelsenkirchener Kaufleute in der folgenden Zeit, eine Straßenbahnlinie zwischen Bochum und Gelsenkirchen einzurichten. Alle Pläne scheiterten jedoch weiterhin am Widerstand des Ministeriums für öffentliche Arbeiten. Dort saß die Lobby der Eisenbahn-Gesellschaften.

Bis am 28. Juli 1892 das sogenannte „Kleinbahngesetz“ unmissverständliche Regelungen schuf: Das neue Gesetz klammerte die lokalen Bahnen aus dem Eisenbahngesetz von 1838 aus. Jetzt war es egal, welche Antriebskraft die Kleinbahnen benutzten, ob sie auf eigenen Bahnkörpern oder im Straßenplanum verkehrten. Lediglich sicherheitstechnische Details mussten staatlich genehmigt werden. Alle übrigen Fragen waren mit der königlichen Regierung in Arnsberg zu klären.

Für die Entwicklung der Verkehrsverbindungen im Ruhrgebiet war entscheidend, dass jetzt auch Eisenbahnlinien gekreuzt werden durften. Die letzte Bastion der Eisenbahn-Gesellschaften gegen die vermeintlich konkurrierenden Straßenbahnen war gefallen.

EIN NEUER INVESTOR

Gegen Ende des Jahres 1892 wurde erneut ein Investor bei der Stadt Gelsenkirchen vorstellig: Die 1879 durch Herrmann Bachstein (1834 – 1908) in Berlin gegründete Centralverwaltung für Secundairbahnen. Das Eisenbahnkonsortium unter dem Vorsitz der Darmstädter Bank bemühte sich um die Konzession für ein weitverzweigtes, elektrisch betriebenes Straßenbahnnetz in den Kreisen Essen, Gelsenkirchen, Bochum-Stadt und Bochum Land.

Im Mai 1892 hatte die Investorengruppe einen Vertrag mit dem Landkreis Essen geschlossen, der das Unternehmen zum alleinigen Bau von Straßenbahnen im Landkreis Essen bevollmächtigte. Auch im Landkreis Gelsenkirchen wurden Vermessungsarbeiten durchgeführt. Geplant war eine Verbindung zwischen Steele und Gelsenkirchen, die sich in Gelsenkirchen nördlich nach Schalke sowie südwestlich nach Wattenscheid und Bochum verzweigen sollte.

IMPULS AUS BOCHUM

Als das Eisenbahnkonsortium auf die Stadt Gelsenkirchen zuging, stand der Stadt- und Landkreis Bochum bereits in engen Verhandlungen mit der Firma Siemens & Halske über den Aufbau eines Straßenbahnnetzes. Das Berliner Unternehmen verfügte über große Erfahrung im Bau und Betrieb elektrischer Straßenbahnen.

Siemens & Halske interessierte sich auch für den Bau von Straßenbahnen im Raum Gelsenkirchen. So kam es zu einem harten Konkurrenzkampf mit dem Eisenbahnkonsortium. Ein dritter Mitbewerber war die Allgemeine-Elektrizitäts-Gesellschaft Berlin (AEG). Alle Gesellschaften waren bereit, unter gleichen Bedingungen Straßenbahnstrecken in Gelsenkirchen zu bauen.