AM ALTEN BAHNHOF

Über die Bahnhof-Strasse erreichte die Straßenbahn in westlicher Seitenlage den alten Gelsenkirchener Bahnhof. Die Cöln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft hatte die Station am 15. Mai 1847 rund einen Kilometer nördlich vom Gelsenkirchener Zentrum eröffnet.

Der einstige Haltepunkt war zwischen 1859 und 1862 durch die Aufnahme der Anschlussbahnen von den Schachtanlagen Carolinenglück, Bonifacius und Dahlbusch erheblich gewachsen. Eine weitere Anschlussbahn zur Zeche Wilhelmine Victoria, die in einem eigenen Kapitel im Detail beschriebene „Wilhelminenbahn“, zweigte östlich des Bahnhofs von der Cöln-Mindener Eisenbahn ab.

Aufgrund der niveaugleichen Kreuzung mit der Wilhelminenbahn musste die Straßenbahn vor dem Hotel „Berliner Hof“ einen Zwangshalt einlegen. Doch auch aus einem anderen Grund war der Bahnübergang ein neuralgischer Punkt: Unmittelbar nach der Kreuzung der Eisenbahngleise musste die Straßenbahn eine im Bogen liegende Weiche vorsehen, um unter beengten Platzverhältnissen den weiteren Streckenverlauf realisieren zu können.

Das Titelbild dieses Kapitels zeigt Kreuzung mit der Wilhelminenbahn. Der in der Bahnhof-Strasse vor dem „Berliner Hof“ wartende, moderne Triebwagen, wurde im Jahr 1900 geliefert (Postkarte ohne Verlagsangabe – Sammlung Volker Bruckmann). Die folgende Postkarte des Magdeburger Verlages Reinicke & Rubin dokumentiert, wie gering der Abstand zwischen der Weiche der Straßenbahn und dem Gleis der Wilhelminenbahn war (Sammlung Ludwig Schönefeld).

SCHRITT FAHREN

Am alten Bahnhof Gelsenkirchen war aufgrund der zahlreichen Gleise und des um die Jahrhundertwende bereits dichten Zugverkehrs an eine niveaugleiche Kreuzung der Cöln-Mindener Bahnstrecke nicht zu denken. Um die Gleise der Staatsbahn zu kreuzen, gab es bereits seit 1879 im Bereich des östlichen Bahnhofsvorfeldes eine Unterführung. Diese musste nun auch die Straßenbahn aufnehmen.

Die Zuwegung zur Unterführung wurde im Anschluss an die Ausweiche am Bahnhof zweigleisig angelegt. So konnte man kritische Begegnungen zwischen der Straßenbahn und gegebenenfalls entgegenkommenden Fuhrwerken vermeiden.

In Form einer U-Kurve wurden die Straße und die Straßenbahngleise unter der Bahn zur Bochumer Strasse geführt. In dieser wurde die Strecke wieder eingleisig und – anders nach dem späteren zweigleisigen Ausbau – in der Anfangszeit zunächst auf der westlichen, stadtauswärts rechten Seite weitergeführt.

UNMUT DER FUHRLEUTE

Obwohl man im Bereich der Unterfühung getrennte Richtungsgleise vorgesehen hatte und für alle Verkehrsteilnehmer Schrittgeschwindigkeit vorgeschrieben war, erregte die Straßenbahn schon bald den Unmut anderer Verkehrsteilnehmer. Im Januar 1896 gründeten die Gelsenkirchener Fuhrleute einen Verein, um gegen Benachteiligungen durch die elektrische Straßenbahn zu protestieren. Unter anderem forderten sie an gefährlichen Stellen die Aufstellung von Sicherheitsposten. Als „gefährlich“ wurde insbesondere die Unterführung am Bahnhof, aber auch die Kreuz-Strasse eingestuft.

Die Bildfolge zeigt anhand mehrerer Aufnahmen, die während der Eröffnungsfahrten am 27. Dezember 1895 im Auftrag von Siemens & Halske entstanden, den Streckenverlauf und die Unterführung am alten Gelsenkirchener Bahnhof.

  • Vor dem "Berliner Hof" musste die Straßenbahn einen Zwangshalt einlegen, bevor sie ...
    Siemens Historical Institute