VERKEHRSPLÄTZE

Nach dem Rückzug der Linie 4 fuhren nur noch Essener Straßenbahnlinien den Kaiser-Otto-Platz in Steele an. Die Linie 9 drehte noch bis Ende Mai 1977 ihre Runde durch Steele. In den letzten Wochen kamen auf der traditionsreichen Schleife sogar noch die damals gerade gelieferten, achtachsigen M-Wagen zum Einsatz.

Der Braunschweiger Straßenbahnfreund Dieter Höltge besuchte Steele am 5. August 1963 und noch einmal am 20. April 1968. Seine Fotos erinnern an die Schleifenfahrten der Straßenbahn in den 1960er-Jahren, zeigen aber auch viele zeittypische Details.

Der 20. April 1968 war ein Samstag: Am Kaiser-Otto-Platz sehen wir mit Kanus beladene Autos. Ihre Besitzer sind offensichtlich auf dem Weg zu einem Ausflug auf der Ruhr. Die für das Wochenende sorgsam zusammengestellte Kleidung der Straßenbahnfahrgäste fällt ebenso auf wie der statt an der Parkuhr im Halteverbot geparkte Sportwagen.

  • Steele am 20. April 1968: Die Linie 9 erreicht vom Scheidtmannstor kommend den Kaiser-Otto-Platz.
    Foto Dieter Höltge - Sammlung Stefan Höltge

STEELE-WEST

Mit der Eröffnung einer neuen Umsteigeanlage für den Nah- und Regionalverkehr am Bahnhof Steele-West am 29. Mai 1977 wurden die engen und unübersichtlichen Gleisanlagen im Steeler Ortskern sowie der bisherige Verkehrsknoten am Kaiser-Otto-Platz aufgegeben. Für Busse und Bahnen entstand ein sogenannter „Verkehrsplatz“ mit integrierter Wendeschleife für die damals noch zahlreich eingesetzten Einrichtungswagen.

Einen dieser Einrichtungswagen zeigt das kurz nach der Eröffnung des Verkehrsplatzes Essen-West aufgenommene Beitragsbild (Sammlung Ludwig Schönefeld). Auf der Linie 9 wartet Triebwagen 1803 (Düwag 1960) in der damals bei der Essener Verkehrs-AG üblichen beigen Lackierung auf die Abfahrt nach Frohnhausen. Der in den Bahnhof einfahrende Wendezug mit einer Diesellok der Baureihe 212 und drei „Silberlingen“ ist auf dem Weg nach Wuppertal-Vohwinkel.

In der Anfangszeit machte der Verkehrsplatz noch einen sehr provisorischen Eindruck: Die Überdachungen der Straßenbahn-Wendeschleife und der Omnibus-Haltestellen wurden erst im Laufe des Jahres 1978 fertiggestellt.

EIN NEUER ORTSKERN

Die in den 1970er-Jahren vorangetriebene „Kernsanierung“ des Ortsteils macht es heute ortsunkundigen Besuchern fast unmöglich, die ursprünglichen Straßenzüge in Essen-Steele zu verorten. Große Teile der historischen Bausubstanz wurden zugunsten neuer Straßenzüge aufgegeben. Anstelle der Fachwerk- und Gründerzeithäuser entstanden moderne Wohnsilos, darunter auch das bis heute höchste Wohnhaus im Essener Stadtgebiet.

Ein erster, einschneidender Schnitt war Anfang der 1970er-Jahre der Bau des WERTHEIM-Kaufhauses zwischen dem Kaiser-Otto-Platz und dem Bahnhof Steele-West. Der 1972 eröffnete Neubau machte die obere Humannstraße zur Sackgasse. Die Straßenbahn wurde bis zur Eröffnung des Verkehrsplatzes Steele-West in südwestlicher Seitenlage über die neu angelegte, anfangs auf ganzer Länge als „Isinger Tor“ bezeichnete Nordtangente um die obere Humannstraße und das WERTHEIM-Kaufhaus zum Bahnhof Steele-West geführt. Die Nordtangente trägt seit dem 20. August 1980 die Bezeichnung „Grenoblestraße“.

30 JAHRE HALBWERTZEIT

Der Umsteigepunkt am Bahnhof Essen-West wurde zwischenzeitlich erneut umgebaut: 2009 wurden die 1977/78 errichtete Überdachungen der Straßenbahnschleife und der Bushaltestellen abgebrochen. Bis Juni 2009 waren auch die Gleise der Straßenbahn entfernt.

Die modernen Niederflur-Zweirichtungswagen halten jetzt in einem zentral zwischen den Bushaltestellen angelegten Stumpfgleis. Offiziell in Betrieb genommen wurde diese neue Anlage am 28. August 2010.