Anders als in Bochum, wo sich die Straßenbahnlinien traditionell am Rathaus und an der sogenannten „Drehscheibe“ in West-Ost- und Nord-Süd-Richtung kreuzten, war es in Gelsenkirchen schon früh ein Anliegen der Lokalpolitik, die zentrale, aber auch enge und unübersichtliche Gleiskreuzung an der Altstadtkirche durch eine leistungsfähige Ringstrecke zu ersetzen. An der Altstadtkirche liefen in den Anfangsjahren der Straßenbahn die Strecken aus der Hochstraße, der Bahnhof- und Bankstraße sowie aus der Ahstraße zusammen.
Vor diesem Hintergrund brachte die Stadt Gelsenkirchen das gerne auch „Ringbahn“ genannte Projekt in das Verhandlungspaket um das Heimfallrecht ein. Mit einer Neubaustrecke von der Bleckstraße in Bismarck über die Bismarckstraße und Ringstraße in Gelsenkirchen zum Hauptbahnhof sollte die Sache realisiert werden.
1926 nahm die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG die durchgehend doppelgleisige Verbindung vom Stern zum Hauptbahnhof in Betrieb.
Die neue Strecke wurde wahrscheinlich zunächst von der Bismarcker „Stammlinie“ 2 befahren. Auch die späteren, teilweise nur temporär existenten Linien 5, 11, 21 und 24 sowie die aus der „2“ hervorgegangene Linie 1 wurden zeitweise über die Ringstraße geführt. In der Gegenrichtung fuhren die in der Innenstadt endenden Linien vom Alten Markt über die Von-Oven-Straße, die Schalker Straße und die Hochstraße zum Stern.
Zwischen dem Stern und dem Hauptbahnhof lagen die Haltestellen „Bismarckstraße“ (im Stadtteil Bulmke), „Katholisches Krankenhaus“ und „Augustastraße“.
1939 fuhren nach dem oben als Innenstadt-Ausschnitt abgebildeten Streckenplan (BOGESTRA August 1939 – Sammlung Ludwig Schönefeld) die Linien 11 und 21 über den Ring. Kurze Zeit später wurde der Linienverkehr dort aufgegeben. Wie einem Artikel der „Gelsenkirchener Allgemeinen Zeitung“ vom 29. März 1941 zur Neuordnung des Straßenbahnverkehrs nach der Einstellung Einstellung des Straßenbahnbetriebs in der Bahnhofstraße zu entnehmen ist, ruhte zu dieser Zeit der planmässige Personenverkehr über die Ringstraße. Es bestand jedoch der „Wunsch der Bürger“, diesen wieder zu reaktivieren.
Im Liniennetzplan von 1945 ist die Strecke weiterhin vorhanden. Unterlagen der Alliierten weisen jedoch darauf hin, dass der Linienverkehr eingestellt war. Die endgültige Stilllegung erfolgte bis 1953. Im Gleisplan vom März 1955 sind nur noch die Weichen am Stern und ein Gleisstumpf am Hauptbahnhof verzeichnet.
Eine Renaissance erlebte die Straßenbahn in der Ringstraße im Zusammenhang mit dem U-Bahn-Bau in Gelsenkirchen als Umleitungstrecke für die nunmehr eingestellten Straßenbahnstrecken in der Innenstadt.

Fotografische Dokumente zur Linienführung über die Ringstraße sind ausgesprochen selten. Die oben gezeigte, 1938 verschickte Karte zeigt den Abzweig am Stern mit Blick nach Bismarck: Die Gleise im Vordergrund führen zur Ringstraße, das nach links abzweigende Gleispaar zum Betriebshof in der Hauptstraße (Romanns Kunstanstalt, Herne – Sammlung Volker Bruckmann).
Das nachfolgende Postkartenmotiv zeigt die gleiche Szene, nunmehr mit Blick in Richtung Gelsenkirchen. Die auch im oberen Bild gezeigte Litfaßsäule, in der sich vermutlich auch ein Streckenschalter für die Straßenbahn-Oberleitung befand, steht jetzt links. Die mittig sichtbaren Gleise führen weiter über die Bismarckstraße zur Ringstraße und zum Hauptbahnhof, die nach rechts abzweigenden Gleise führen zum Betriebshof (Postkarte ohne Verlagsangabe – Sammlung Volker Bruckmann).
ZURÜCK – ZUM NÄCHSTEN KAPITEL
