ZECHE BONIFACIUS

Die von 1857 bis 1859 abgeteufte Zeche Bonifacius in Essen-Kray gehört bis heute zu den bekanntesten Tiefbauzechen im Essener Stadtgebiet. Das liegt vor allem an den hervorragend gepflegten, seit 1985 unter Denkmalschutz stehenden Übertageanlagen des Bergwerks. Dazu gehören das im Jahr 1900 errichtete Fördergerüst von Schacht I sowie die aufwendig restaurierten Tagesanlagen aus der Gründerzeit.

KOHLE FÜR DAS BERGISCHE LAND

Auch für den Straßenbahnverkehr hatte „Bonifacius“ eine große Bedeutung. Sowohl im Ersten Weltkrieg als auch nach dem Zweiten Weltkrieg versorgte die Zeche eine ganze Reihe von Industriebetrieben im Bergischen Land mit Steinkohle: Anschlüsse für den Kohleverkehr gab es in den heutigen Wuppertaler Stadtteilen Barmen, Cronenberg, Elberfeld und Ronsdorf sowie darüber hinaus in Heiligenhaus.

Lieferanten der Kohle waren neben der Zeche Bonifacius auch die Zechen Heinrich in Überruhr, Prinz Wilhelm und Victoria in Kupferdreh sowie Johann Deimelsberg in Steele.

Zum Transport der Kohle unterhielt einen recht umfangreichen Fahrzeugpark: Für die 1916 aufgenommenen Transporte wurden anfangs zwölf Triebwagen des Baujahres 1897 zu Gütertriebwagen mit fünf Tonnen Ladevolumen umgebaut. Kurz darauf folgten weitere 13 Fahrzeuge mit acht Tonnen Ladefähigkeit, davon fünf aus den Baujahren 1899 und 1900 und acht aus den Baujahren 1903 und 1904.

Nicht genau bekannt ist, wie viel Kohle insgesamt zwischen 1916 und 1926 vom Ruhrgebiet in das Bergische Land transportiert wurde. Nach einer 1922 erstellten Aufstellung wurden rund 64 Prozent von der Zeche Bonifacius bereitgestellt.

WIEDERAUFNAHME

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Kohleverkehr wieder aufgenommen. Zum Einsatz kamen zunächst drei Kohletriebwagen mit 8 Tonnen Ladegewicht, die nach der Einstellung der ersten Kohlenverkehre als Arbeitsfahrzeuge erhalten geblieben waren.

Darüber hinaus setzte die Wuppertaler Bahnen AG (ab 1. März 1948 Wuppertaler Stadtwerke AG) aus dem Personenverkehr abgezogene Fahrzeuge und die vierachsigen Elektrolokomotiven der ehemaligen Barmer Bergbahnen AG als Schlepptriebwagen ein. Bei den Fahrten werden in der Regel zwei offene Güterwagen mit jeweils fünf Tonnen Ladevolumen mitgeführt.

LADESTELLEN

Während für die Kohletransporte im Ersten Weltkrieg vermutlich ein eigener Gleisanschluss von der Straßenbahnstrecke Steele – Rotthausen auf das Gelände der Zeche Bonifacius gebaut wurde, nutzte man im Zweiten Weltkrieg das Freigelände des Betriebshofes Leimgard in Essen-Kray als Umschlagplatz.

Auf dem Betriebsgelände hatte man 1936 zwei 1902 in Betrieb genommene Hallen abgebrochen. Auf dieser Fläche hatte die Süddeutsche Eisenbahn-Gesellschaft ein Baustofflager eingerichtet.

Im hinteren Bereich grenzte der Betriebshof an die Gleisanlagen der Halde der Zeche Bonifacius. Das äußere Gleis wurde so hergerichtet, dass die für die Straßenbahn bestimmte Kohle per Schwerkraft aus den Wagen der Zechenbahn auf ein mobiles Förderband entladen werden konnte. Dieses beförderte die Kohle direkt in die bereitstehenden Güterwagen der Straßenbahn.

Die mobilen Förderbänder erlaubten sowohl die Beladung offener Güteragen als auch die Beladung der Kohletriebwagen.

Allein vom 1. August 1947 bis zum 31. Oktober 1948 wurden rund 35.500 Tonnen Kohle vom Ruhrgebiet nach Wuppertal transportiert – der größte Teil kam vermutlich von der Zeche Bonifacius. Dann jedoch ging der Bedarf drastisch zurück.

Am 13. Juni 1949 wurde der Kohleverkehr eingestellt. Die abgenutzten Kohletriebwagen blieben noch wurden bis 1954 ausgemustert. Die Elektrolokomotiven blieben ebenso wie einige Güterwagen noch einige Jahre im Einsatz.

EINE FAHRT IM JUNI 1948

Am 5. Juni 1948 hatten die Eisen- und Straßenbahnfreund Ernst-Julius Wolff und Gerd Leimbach die Gelegenheit, einen Kohlenzug auf der Fahrt von Wuppertal nach Essen-Kray und zurückzubegleiten. Dabei entstanden bis heute einmalige Bilddokumente.

Das von Gerd Leimbach aufgenommene Titelbild (Sammlung VDVA) zeigt die Lokomotive 602 in unmittelbarer Nähe des Grendplatzes in Essen-Steele. Der Zug wartet in der Ausweiche vor den Häusern Ruhrstraße 2 bis 6 auf die Abfahrt der Linie 17: Der Personentriebwagen soll vor dem Güterzug auf die Strecke.

In der nachfolgenden Bildfolge wird die Beladung der Kohlezüge auf dem Gelände des Betriebshofes Leimgard gezeigt. Diese Aufnahmen nahm Ernst-Julius Wolff auf (Sammlung Gerd Wolff).

  • Triebwagen 174 wartet am 5. Juni 1948 mit seinem Kohlezug im Betriebshof Kray auf die Beladung.
    Foto Ernst-Julius Wolff - Sammlung Gerd Wolff

LITERATURHINWEIS

Detailinformationen zum umfangreichen Güterverkehr zwischen dem Ruhrgebiet und dem Bergischen Land enthält das Buch „Straßenbahn und Güterverkehr zwischen Rhein, Ruhr und Wupper“ von Wolfgang R. Reimann. Es erschien 2004 im Verlag Bernd Neddermeyer, Berlin, ISBN 3-933254-45-0