FAHRMARKEN

Der Umgang mit den Wechselgeldfahrscheinen war problematisch. Immer wieder gerieten Fahrgäste und Schaffner in Streit darüber, ob ein Fahrschein noch neuwertig war und als Wechselgeldfahrschein für eine weitere Fahrt akzeptiert werden konnte.

Im Bergischen Land hatte man ähnliche Herausforderungen auf eine andere Weise gelöst: Bereits am 9. Juni 1947 führte die Städtische Straßenbahn Solingen aus Messing gestanzte „Fahrmarken“ ein. Lieferanten waren die Firma Gustav Hammesfahr in Solingen-Wald und die VDM Halbwerkzeuge GmbH in Altena / Westfalen. Die Münzen hatten einen Durchmesser von 20,9 Millimeter und waren gut für eine Fahrt.

Am 26. August 1947 wurden auch bei der Duisburger Verkehrsgesellschaft Fahrmarken eingeführt. Ihr Nennwert betrug 10 Reichspfennig für eine Fahrt ohne Umsteigen. Rund eine Million dieser aus Zink hergestellten Fahrmarken sollen am Rhein im Umlauf gewesen sein.

Die Hagener Straßenbahn folgte am 1. November 1947. Ihre aus Eisen gestanzten Fahrmarken waren nur für eine „halbe“ Fahrt gültig, wobei zwei Teilstrecken, die ehemals jeweils 10 Reichspfennig gekostet hatten, als „eine Fahrt“ galten.

VORBILD FÜR DAS MITTLERE RUHRGEBIET

Die robusten Marken aus Solingen und Hagen blieben im mittleren Ruhrgebiet nicht unbemerkt. Der Bochumer Stadtdirektor Dr. Schmidt schlug der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG im August 1947 vor, sich bei der Reichsbank in Berlin um die Erlaubnis zu bemühen, eigene Fahrmarken anstelle der ungeliebten Wechselgeldfahrscheine auszugeben.

Eine offizielle Genehmigung der Reichsbank blieb aus. Allerdings konnte der Direktor der Bochumer Straßenbahn von der Reichsbank in Bochum die Zusage erwirken, dass von der Reichsbank keine Einwendungen zu erwarten seien.

Der Verwaltungs- und Finanzausschuss der Stadt Bochum stimmte im Oktober 1947 der Ausgabe von Fahrmarken zu. Die Stadt Gelsenkirchen hielt sich in der Sache zurück. Der Vorschlag des Stadtkämmerers, „Stadtgutscheine“ anstelle von Fahrmarken auszugeben, wurde nicht weiterverfolgt.

AUS EISEN

Als Lieferanten für die Fahrmarken konnten die bereits für die Städtische Straßenbahn Solingen tätigen Firmen gewonnen werden. Für die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG wurden die Fahrmarken bei VDM in Altena nicht aus Messing, sondern aus Eisenblech gestanzt.

Bei der Weiterverarbeitung durch die Firma Gustav Hammesfahr in Solingen-Wald erhielten die Fahrmarken ihre Aufschriften: Auf einer Seite stand „Boch-Gelsenk Straßenbahnen A G“, auf der anderen „Nur gültig im Strab-u-Om-Betrieb“. Hier war auch der Wert „10“ angegeben.

Numismatiker unterscheiden drei Auflagen: Die Erstauflage aus 3,5 mm starkem Blech mit einem Punkt hinter „A-G“, die Zweitauflage aus 4 mm starkem Blech mit einem Strich hinter „A-G“ und die dritte Auflage aus 4,5 mm starkem Blech, erneut mit einem Punkt hinter „A-G“.

In allen Fahrmünzen war ein gleichschenkeliges Dreieck mit abgerundeten Ecken eingestanzt. Der Durchmesser der Fahrmarken betrug einheitlich 21 Millimeter.

ERSTAUSGABE IM DEZEMBER 1947

Erstmals ausgegeben wurden die Fahrmarken am 5. Dezember 1947. Der Nennwert war mit „10“ angegeben. Das entsprach dem Gegenwert einer Preisstufe – 10 Reichspfennig. Die Gesamtauflage gab die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG in der Bilanz vom 20. Juni 1948 mit 996.380 Stück an. Wie viele Fahrmarken tatsächlich als Wechselgeld ausgegeben wurden, ist nicht bekannt.

Obwohl die Fahrmarken als Zahlungsmittel für Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gedacht waren, fanden sie schnell Eingang in den alltäglichen Zahlungsverkehr. Ob beim Lebensmittelhändler auf dem Wochenmarkt oder in anderen Geschäften: Die Marken der Straßenbahn waren gern gesehen.

Das folgende Bild zeigt oben rechts fünf Eisen-Fahrmarken der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG. Die Fahrmarken in der oberen Reihe entstammen der ersten und dritten Serie, die Fahrmarke in der zweiten Reihe rechts gehört zur zweiten Prägung. Zum Vergleich sehen Sie links Messing-Fahrmarken aus Solingen, eine Eisen-Marke der Hagener Straßenbahn und zwei Duisburger Fahrmarken aus Zink (Sammlung Ludwig Schönefeld).