Am 27. Januar 1958 wurden im Rat der Stadt Gelsenkirchen fünf neu aufgestellte Durchführungspläne für die Weiterentwicklung der städtischen Infratruktur diskutiert, darunter auch der Durchführungsplan 56 für das Gebiet der Gelsenkirchener Straße (heute Kurt-Schuhmacher-Straße) zwischen der Kreuzung Balkenstraße und der Autobahn.
In diesem Durchführungsplan wurde für die neu anzulegende Straße eine Breite von bis zu 54,20 Metern festgelegt. Grund dafür war das Vorhaben der Bochum-Gelsenkirchener Strassenbahnen AG, in Sutum einen neuen Straßenbahnbetriebshof anzulegen. Die Gelsenkirchener Stadtchronik hielt dazu fest:
„Der Durchführungsplan Nr. 56 setzte die Gelsenkirchener Straße mit einer Breite von 54,20 m fest. Sie wies teilweise eine Aufteilung in zwei Straßenkörper auf, zwischen denen die Anlage eines leistungsfähigen Straßenbahnbahnhofes vorgesehen war.“
Der neue Betriebshof sollten auf dem Grundstück der alten katholischen Schule in Sutum (Katholische Schule III) entstehen. Sie musste somit ebenso wie die benachbarten Häuser weichen. Im Frühjahr 1959 wurden die Gebäude abgebrochen. Die Gelsenkirchener Stadtchronik schreibt dazu mit Datum vom 1. April 1959:
„Arbeiter begannen mit dem Abbruch der Alten Schule Sutum. Sie lag zwischen der östlichen und der westlichen Fahrbahn der neuen Gelsenkirchener Straße. Die dort stehenden Häuser Nr. 181, 183 und 185 sollen ebenfalls abgebrochen werden. Auf dieser „Insel“ zwischen den Verkehrsbahnen wollte die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahngesellschaft einen neuen Betriebsbahnhof errichten.“
Für die Menschen in Sutum war der Abbruch der Schule ein Verlust. Dies umso mehr, nachdem die Straßenbahn ihren Plan zum Bau eines neuen Betriebshofes aufgab. Das dafür vorgesehene Grundstück, das inzwischen die Hausnummer „Gelsenkirchener Straße 272“ erhalten hatte, blieb eine Brachfläche.
FUSSBALL-WELTMEISTERSCHAFT
Das änderte sich erst, nachdem Gelsenkirchen den Zuschlag erhalten hatte, im Rahmen der für 1974 geplanten Fußball-Weltmeisterschaft einen Teil der Spiele auszurichten.
Für diesen Anlass wurde im Berger Feld ein neues Stadion mit 70.000 Plätzen errichtet. Am 4. August 1973 wurde das „Parkstadion“ als neue Spielstädte des FC Schalke 04 eröffnet.
Mit Blick auf die zur Weltmeisterschaft erwarteten Zuschauer investierten die Stadt Gelsenkirchen und die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG in den Ausbau der Infrastruktur im Umfeld des Stadions. So entstand anstelle des 1958 geplanten Betriebshofes zwischen den Richtungsfahrbahnen der Gelsenkirchener Straße eine großzügige Haltestellenanlage. Über eine Fußgängerbrücke wurde der 150 Meter lange Mittelbahnsteig mit dem Stadion und einem neu angelegten Parkplatz für Reise- und Linienbusse verbunden.
An die Haltestellenanlage schloss sich im Norden eine zweigleisige Aufstellunganlage an. Während die Haltestelle „Parkstadion“ und die Fußgängerüberführung am 11. Mai 1974 und damit pünktlich zum Auftakt der Weltmeisterschaft (13. Juni bis 7. Juli 1974) dem Betrieb übergeben werden konnte, wurde die zweigleisige Wende und Abstellanlage erst während der Weltmeisterschaft fertiggestellt.
Fünf Spiele wurden in Gelsenkirchen ausgetragen. Dazu kamen über 200.000 Zuschauer. Rund 65.000 Besucher nutzten die Einsatzwagen der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG.
AUSWEICHSTANDORT
Nach der Weltmeisterschaft wurden das Parkstadion und die ÖPNV-Infrastruktur weiter genutzt. Die Zahl der von der Straßenbahn eingesetzten Einsatzwagen nahm jedoch ab, da die Fans zunehmend mit eigenen Kraftfahrzeugen anreisten.
Im Zusammenhang mit dem Ende der 1990er-Jahren beschlossenen Neubau des Betriebshofes in der Gelsenkirchener Innenstadt, griff man auf die Anlagen am Berger Feld als Ausweichsstandort für den Betriebshof Gelsenkirchen zurück. Für die Bauzeit des neuen Betriebshofes an der Hauptstraße wurde jetzt der Betriebshof „Berger Feld“ eingerichtet – rund 40 Jahre, nachdem erstmals ein Straßenbahnbetriebshof in Sutum geplant war.
Zur Wartung der Straßenbahnwagen erhielt der Betriebshof Berger Feld eine eingleisige Werkstatt- und Wartungshalle für Kleinreparaturen. Die Personalräume wurden in Leichtbauten untergebracht.
Der provisorische Betriebshof bestand von August 2000 bis zur Inbetriebnahme des Gelsenkirchener Neubaus an der Hauptstraße im Mai 2003. Anschließend wurden die provisorischen Anlagen im Berger Feld wieder zurückgebaut.
Das Beitragsbild entstand anlässlich eines „Tages der offenen Tür“ am 14. Oktober 2000 für die Familien der Mitarbeitenden des Betriebshofs Gelsenkirchen. In der Nahansicht des Triebwagens 424 sind auch einige Details der Werkstatteinrichtung zu erkennen (Fotos Marian Kraus).