DIESES KAPITEL IST NOCH IN ARBEIT.
TEXTE UND ILLUSTRATIONEN WERDEN FORTLAUFEND ERGÄNZT.
Der erste Betriebshof der Gelsenkirchener Straßenbahnen entstand in unmittelbarer Nähe des Stadtzentrums an der Hoch-Strasse. Das Grundstück hatte Siemens & Halske einen Monat nach der Erteilung der Konzession von der Gelsenkirchener Firma Koehnen gekauft.
Der Betriebshof bestand aus einer sieben- und einer fünfständigen Wagenhalle, die über ein von der Hochstraße abzweigende Zufahrtsgleis und eine Schiebebühne erreicht werden konnten. Die geplante Kapazität waren 60 Trieb- und 38 Beiwagen.
Das in diesem Kapitel als Titelbild verwendete Foto sowie die Aufnahmen im nachfolgenden Slider dokumentieren die erste Bauphase des Betriebshofes. Die im Siemens Historical Institute aufbewahrten Fotos wurden am 3. November 1895 vor der offiziellen Eröffnung der ersten Gelsenkirchener Straßenbahnlinie aufgenommen. Einer der Eröffnungszüge mit Triebwagen 6 an der Spitze steht vor den Nebengebäuden der „Kraftstation“.
Diese bestand aus einem Kesselhaus, dem Maschinenhaus und einer elektrischen Schaltzentrale. Im Kesselhaus waren vier Großwasserkessel mit jeweils 63 Quadratmeter Heizfläche und zwei liegende Verbunddampfmaschinen mit jeweils 300 PS Leistung installiert. Den Strom für die Straßenbahn lieferten zwei Innenpol-Dynamomaschinen mit jeweils 200 Kilowatt Leistung. Zum Betriebshof-Ensemble gehörten darüber hinaus Wirtschafts- und Sozialräume.
Weiterhin zeigt das Beitragsbild auch den Teil des Ensembles, der von 1895 bis 1994 und damit ziemlich genau 100 Jahre, als Werkstatt genutzt wurde.
ERGÄNZUNG EINES WAGENSCHUPPENS
Erstmals erweitert wurde der Betriebshof im Vorfeld der Streckeneröffnungen nach Wanne und Steele. Für die neuen Strecken erhielt der Gelsenkirchener Betrieb 1898/99 insgesamt 16 neue Motorwagen (Triebwagen 60 bis 75) sowie einige Beiwagen aus der Lieferung von 1898 (Beiwagen 142 bis 155).
Um die neuen Fahrzeuge unterbringen zu können, wurde das Materiallager auf der Nordseite der Schiebebühne verkleinert. Stattdessen entstand ein Holzschuppen als Witterungsschutz. Auf Seitenwände wurde verzichtet.
ZENTRALISIERUNG DER WERKSTATT
Der Bau des Wagenschuppens machte es möglich, die Werkstatt zu vergrößern. Ab 1901 wurden vermutlich alle Gleise auf der nördlichen Seite der Schiebebühne als Werkstatt genutzt. Die Fahrzeugunterhaltung im Betriebshof Buer wurde im Januar 1902 aufgegeben.
Es liegt nahe, dass das folgende, am 27. September 1901 aufgenommene Erinnerungsbild im Zusammenhang mit der Ausweitung der Werkstattkapazität entstand. Es zeigt die Mitarbeitenden von Verwaltung und Werkstatt. Zur Dekoration gehören ein Wagenheber, Motorenteile, ein Fahrschalter, Werkzeuge und anderes Gerät sowie ein Frontschild für einen Sonderwagen. Links im Bild ist der neue Wagenschuppen zu sehen. Reinigungsarbeiten wurden von Frauen ausgeführt, während die Männer in den technischen Berufen tätig waren (BOGESTRA-Fotosammlung).
MODERNISIERUNG UND AUSBAU
Der Gelsenkirchener Betriebshof wurde im Laufe der Zeit mehrfach um- und ausgebaut. Ein erster umfangreicher Umbau stand in Verbindung mit dem Bau einer neuen, fünfständigen Wagenhalle in den Jahren 1912 und 1913.
Die neue Halle entstand auf dem im Vordergrund des Beitragsbildes sichtbaren Lagerplatzes. Die Hallen im Hintergrund blieben erhalten. Demgegenüber wurde der 1898 ergänzte Holzschuppen abgebrochen. Die Schiebebühne wurde gekürzt. Sie führte jetzt nur noch zu den im Beitragsbild links sichtbaren Gleisen der nordwestlichen Halle, die weiterhin als Werkstatt genutzt werden sollte.
Wie bei den älteren Hallen ruhte das Dach des Neubaus auf einem Ständerwerk aus Holz, dessen tragende Balken zwischen den Gleisen 2 und 3 sowie 3 und 4 angeordnet waren. Diese Bauweise hat vermutlich zu den verheerenden Schäden in der Bombennacht vom 6. November 1944 beigetragen, in der die Seitenwände einstürzten und die Halle bis auf den fünfständigen Portikus vollständig niederbrannte.
Um diesen Umbau durchführen zu können mussten die Gleisanlagen vollständig verändert werden. Als Zufahrt für die neue Wagenhalle entstand Anfang März 1913 eine von der Hoch-Strasse mit neuer Geometrie abzweigende Einfahrt mit einer anschließenden Gleisharfe. Am 13. März 1913 berichtete die Gelsenkirchener Zeitung darüber, dass nunmehr im Zuge der Arbeiten auch der Abzweig von der Hoch-Strasse in die Bismarck- und Wanner-Strasse zweigleisig ausgebaut wurde.
GENERALUMBAU
Auf dem ersten Bild des weiter unten eingefügten Sliders, der die Bauzustände des Betriebshofes in den Jahren 1925, 1926 und 1952 dokumentiert, ist hinter der 1913 gebauten Halle bereits ein größeres, freigeräumtes Grundstück zu erkennen. Dieses Gelände wurde im Laufe des Jahres 1924 für den Bau einer weiteren Wagenhalle vorbereitet. Zeitgleich entstand an der Hochstrasse ein modernes Verwaltungsgebäude mit Büros und Dienstwohnungen für den Gelsenkirchener Betrieb.
Nach den Jahren der Ruhrbesetzung und der Inflation bot das politische Umfeld wieder überschaubare finanzielle Rahmenbedingungen für das Projekt. Auch in Bochum entstand nahezu zeitgleich ein neuer Zentralbetriebshof. Dieser sollte auch die vorübergehend nach Essen ausgelagerte Verwaltung aufnehmen sollte.
Das Grundstück an der heutigen Emilienstraße hatte Siemens & Halske bereits 1894 erworben. Schon bei der Ausarbeitung der Pläne für den Betriebshof im Februar 1895 war die „spätere Erweiterung“ eingezeichnet. Aufgrund der Auflagen des „Heimfallrechts“ wurde jedoch zunächst eine neue Zentrale in Buer gebaut.
Parallel zum Bau der zweiten großen Abstellhalle wurde das alte Hallenensemble unter Beibehaltung der Grundstruktur umgebaut: Ein Teil der Gebäude an der Hochstraße wurde abgebrochen, um Platz für die neue, zweite Gleisharfe zu erhalten.
Während der Bauarbeiten wurde ein Teil der in Gelsenkirchen stationierten Straßenbahnwagen im Betriebshof Leimgard abgestellt, darunter auch die im Gemeinschaftsverkehr eingesetzten Triebwagen der Westfälischen Straßenbahn.
EXPRESSIONISMUS
Als Architekt für das Verwaltungsgebäude und die Wagenhalle wurde der aus Wattenscheid stammende Josef Franke (1876 – 1944) verpflichtet. Er gilt als bedeutender Vertreter des „Backsteinexpressionismus“. Bei diesem Baustil werden Backsteine sowohl funktional als auch dekorativ verwendet. Dies ist besonders an der Fassade des Verwaltungsgebäudes erkennbar, das über der Zufahrt des bereits bestehenden Betriebshofes errichtet wurde. Deutlich profaner war demgegenüber die siebenständige Wagenhalle. Sie beeindruckte vor allem durch das weitspannende Dach.
Zum Jahreswechsel 1926/27 war die zweite Wagenhalle, in der 70 zweiachsige Fahrzeuge einen Unterstellplatz fanden, weitgehend fertiggestellt. 1927 konnte sie in Betrieb genommen werden. Die Gesamtkapazität des Gelsenkirchener Betriebshofes lag jetzt bei 130 Straßenbahnwagen.
Auf dem folgenden Bild, einer 1930 gelaufene Postkarte aus dem Sortiment der Dortmunder Kunstanstalt Hermann Lorch (Sammlung Ludwig Schönefeld), zeigt das Verwaltungsgebäude des umgebauten Betriebshofs mit einem ausrückenden Zug der Linie 3. Zugfahrzeug ist der umgebaute Siemens-Triebwagen 26 (Hofmann 1896). Er war bis 1938 im Personenverkehr im Einsatz. Als Schneeräum-Wagen 626 wurde er Anfang der 1950er-Jahre endgültig ausgemustert.
ZERSTÖRUNG UND WIEDERAUFBAU
Während des Bombardements im Zweiten Weltkrieg wurde der Betriebshof in Gelsenkirchen schwer beschädigt, vor allem während eines britischen Bombardements am 6. November 1944.
Der Wiederaufbau zog sich über mehrere Jahre hin. Die Gleise der fünfständigen Halle von 1913, die noch auf den Fundamenten von 1895 stehende Werkstatt und die Freifläche vor der Werkstatt wurden jetzt unter einem Dach zusammengefasst.
Die Luftaufnahmen im nachfolgenden Slider – das erste Motiv ist ein extremer Ausschnitt aus einem 1925 als Postkarte publizierten Luftbild der Gelsenkirchner Innenstadt – dokumentieren die Entwicklung des Gelsenkirchener Betriebshofes anhand von Momentaufnahmen aus den Jahren 1925, 1926 und 1952.
NEUBAU AN ALTER STELLE
Von 1949 bis zur Jahrtausendwende blieb der Betriebshof an der inzwischen in „Hauptstraße“ umbenannten Hochstraße unverändert in Betrieb. Zunehmend wurde aber auch das Alter der Anlage deutlich. Für den Unterhalt und die Wartung der Niederflurwagen war die Hallen nicht mehr optimal geeignet.
Vor diesem Hintergrund fiel die Entscheidung für einen Neubau. Im Lauf des Jahres 2000 begannen die Arbeiten. Die für die Fußballweltmeisterschaft von 1974 am Parkstadion gebaute Wende- und Abstellanlage wurde zum provisorischen Betriebshof Berger Feld umgebaut. Während die Fahrzeuge im Freien abgestellt wurden, erhielt die Werkstatt eine provisorische, einständige Halle. Die notwendigen Büros und Sozialräume wurden in Containern untergebracht.
Am 16. August 2001 wurde der Grundstein für den Neubau des Betriebshofes Gelsenkirchen gelegt. Am 1. April 2003 konnten die neuen Wagenhallen in Betrieb genommen werden. Am 18. Mai 2003 wurde das Ereignis mit einem „Tag der offenen Tür“ gefeiert.
Die provisorischen Anlagen am Berger Feld wurden im folgenden Jahr zurückgebaut.