ERÖFFNUNG

Die neue Strecke von Gelsenkirchen nach Wanne hatte eine Länge von 7,48 Kilometern.

Die Daten zur Eröffnung der Strecke sind widersprüchlich überliefert. Nach der zeitgenössischen Berichterstattung der Wattenscheider Zeitung wurden die Gleis- und Oberleitungsanlage vermutlich am 17. Oktober 1898 landespolizeilich abgenommen. Der Betrieb konnte damit eröffnet werden. Dem Verleger Carl Busch war dieses Ereignis ein Extrablatt wert:

Am Montag, 19. Oktober 1896, berichtete die Wattenscheider Zeitung über die am Tag zuvor, somit am 18. Oktober, erfolgte Aufnahme des öffentlichen Verkehrs zwischen dem Neumarkt in Gelsenkirchen und dem Bahnhof Wanne:

Den Fahrplan für die neue Strecke hatte die Wattenscheider Zeitung bereits einige Tage zuvor im Auftrag von Siemens & Halske im Inseratenteil veröffentlicht. Danach war ursprünglich ein 20-Minuten-Takt vorgesehen. Der starke Andrang am Eröffnungstag führte vermutlich dazu, dass die Frequenz der Wagenfolge auf den technisch möglichen 10-Minuten-Takt verdichtet wurde.

Zwei Tage nach der Gelsenkirchener Strecke, am 20. Oktober 1896, konnte Siemens & Halske auch die Verbindung von der Gaststätte „Kortländer“ in Bochum (Dorstener Chaussee) zum Bahnhof Wanne in Betrieb nehmen. Die Endstelle dieser Linie am Bahnhof Wanne lag südlich der Cöln-Mindener Eisenbahn auf dem zur Gemeinde Eickel gehörenden Abschnitt der Hauptstraße.

OHNE ZEREMONIE

Die Eröffnung der neuen Verbindung war unspektakulär. Der von der Straßenbahn begeisterte Verleger und Schriftleiter der Wattenscheider Zeitung hätte eine offizielle Eröffnung sicher ausführlicher erwähnt.

Für den bescheidenen Beginn spricht auch, dass Siemens & Halske erst einige Monate später, Anfang 1898, den Werksfotografen nach Gelsenkirchen, um die damals neu beschafften Triebwagen im Bild zu dokumentieren.

Bei dieser Gelegenheit entstand für das Unternehmensarchiv auch das Beitragsbild dieses Kapitels (Siemens Historical Institute). Es zeigt Triebwagen 61 auf der Fahrt von Wanne nach Gelsenkirchen im Verlauf der Wanner Strasse an der Ausweiche Hüllen. Rechts hinter dem Triebwagen erkennen wir das Restaurant „Kaiserhof“.

Das Grundstück links wurde damals von der „Hüllener Ringofenziegelei Walter & Wilhelms“ genutzt. Später legte die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG auf einem Teil des Geländes einen Bauhof an.

Bemerkenswert ist, dass der Siemens-Fotograf 1898 ein damals extrem teures Teleobjektiv für seine Plattenkamera mitführte. So sind im Hintergrund die Häuser an der Gelsenkirchener Straße (so die Schreibweise bis 1926) in Röhlinghausen zu erkennen und ganz links der Schacht Wilhelm der Zeche Pluto.

Heute sind die 1898 noch landwirtschaftlich genutzten Flächen dicht bebaut. Etwa in Bildmitte durchschneidet seit 1918/19 der rund 15 Meter hohe Damm der „Erzbahn“ das Bild. Sie verband ab 1919 die Zeche Alma mit dem Hafen Grimberg am Rhein-Herne-Kanal. 1930 wurde die Strecke bis zum Bochumer Verein in Bochum-Hamme weitergeführt. Auf dem mit Bäumen und Strauchwerk dicht begrünten Damm verläuft heute ein Radweg.