OHNE STRASSENBAHN

In den 1930er-Jahren stieg in Gelsenkirchen der Wohlstand. Davon profitierte vor allem das Geschäftsleben in der Bahnhofstraße.

Immer mehr wohlhabende Familien in Gelsenkirchen konnten sich ein Automobil leisten. Am Neumarkt wurden die 1912 angelegten Grünflächen als Straßen- und Standflächen den Automobilisten geopfert.

Durch den Ausbau des Liniennetzes und Taktverdichtungen nahm auch der Straßenbahnverkehr zu. Schon bald hatten Geschäftsleute und Kommunalpolitik den Eindruck, dass die Bahnhofstraße für ein Miteinander von öffentlichen Verkehrsmitteln, Individualverkehr und Fußgängern langfristig zu eng wäre. So musste die Straßenbahn 1941 ausweichen, um in der Gelsenkirchener Einkaufsmeile mehr Platz für Fußgänger und Autos zu schaffen.

Am 28. März 1941 fuhr die Straßenbahn letztmalig im Linienverkehr über die Bahnhofstraße. Am folgenden Tag widmete die Gelsenkirchener Zeitung dem Ereignis einen ausführlichen Bericht.

AUF NEUEN WEGEN

Die bis dahin teilweise noch eingleisige Verbindung vom Rathaus über die Ahstraße zum Markt wurde doppelgleisig ausgebaut. Die Trasse der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft auf der inzwischen in Hindenburgstraße umbenannten Dickamp-Strasse war bereits seit 1912 doppelgleisig. Auf dem Bahnhofsvorplatz entstand eine leistungsfähige doppelgleisige Verbindung für die Strecken nach Bochum und Steele.

Der nachfolgende Plan dokumentiert das neue Gleisbild in der Innenstadt. Am Neumarkt bestand noch für einige Zeit eine Umsetzmöglichkeit. Zur Orientierung verwende ich auch hier ein Luftbild aus den 1920er-Jahren (© RVR – 1925-1930 – dl-de/by-2-0).

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Das hier als Titelbild eingestellte, vermutlich 1942 aufgenommene Postkartenmotiv zeigt den neu gestalteten Abzweig von der Ahstraße in die Hindenburgstraße. Ein von der Waggonfabrik Uerdingen gebauter Triebwagen ist auf der Linie 4 in Richtung Steele unterwegs. Sein Fahrscheinwerfer ist bereits mit einem Verdunkelungsaufsatz verdeckt (Postkarte ohne Verlagsangabe – Sammlung Ludwig Schönefeld).

Die rechts im Bild sichtbare ESSO-Tankstelle vertrieb zum Zeitpunkt der Aufnahme Benzin im Auftrag der Deutsch-Amerikanische Petroleum Gesellschaft (DAPG). Dies ist im Kontext der im September 1939 erfolgten Umstellung der Mineralölindustrie auf die sogenannte „Kriegswirtschaft“ bemerkenswert. Einerseits sollte in Deutschland nur noch markenloses Benzin verkauft werden. Andererseits war die DAPG, die aufgrund ihres Firmensitzes in Hamburg als deutsches Unternehmen angesehen wurde, ein wichtiger Baustein der Rüstungsindustrie. Deshalb durfte sie ihre Tankstellen weiterhin unter der eigenen Marke betreiben. Die für den Verkauf bereitstehenden Benzin-Kontingente wurden allerdings von der Arbeitsgemeinschaft Mineralölverteilung (AMV) festgelegt.